Der GTJ – oder ein Traum zerplatzt

„Le Grande Traverse du Jura“ – ein Fernskiwanderweg durch die Berge des Schweizer Jura – ist schon seit langem im Visier von Herbert H. und so setzte er auch dieses Jahr wieder alle Hebel für eine Ausfahrt in Bewegung. Jetzt, nachdem absehbar wird, daß das auch dieses Jahr nichts mehr mit dem Winter wird, betätigt er sich als Chronist und schreibt sich den Frust von der Seele.

100 km Rucksacklauf im Schwarzwald

Es gibt im Schwarzwald einen Skilanglaufklassiker über 100km von Schonach nach Untermulden am Fuß des Belchen. Seit 1978 wird über diese Strecke ein Rennen organisiert. Es findet statt, sofern es die Schneeverhältnisse zulassen. Falls das Rennen 2008 stattfinden kann, ist das die 16. Austragung.
Mit dem Mountainbike haben wir Radsportler des RSV Unterweissach die Alpen schon von allen möglichen Seiten überquert. Nun hatte ich die Idee, sowas mal auf Skiern durch den Schwarzwald zu wagen.
Zugegeben, ich hatte überhaupt keine Vorstellung wie sowas abläuft. Die Fragen waren: Findet man die Wege, wie weit kommen wir an einem Tag, gibt es genug Verpflegungsstellen an der Skipiste, wie schwierig sind die Abfahrten usw.
100km an einem Tag, das ist zu viel für uns. Viel mehr als 100km Vorbereitung auf Skiern war für uns eben nicht möglich.
Also haben wir uns vorgenommen zwei Projekte daraus zu machen. Der erste Tag bis Thurner oder Hinterzarten, am zweiten Tag ungefähr die gleiche Strecke zurück. Der Rückweg gilt ja wie eine neue Strecke.

1. Projekt (20.+21. März 2004)

Herbert, Sabine, Thomas und Wilfried starten gegen 11 Uhr im Skistadion Schonach bei knappem Schnee aber sehr schönem, kalten Wetter(Minus 12°C). Es geht über die Martinskapelle zum Brendhaus, dort ist die erste Rast mit Mittagessen. Ich bin ich begeistert von der Schwarzwaldlandschaft im Schnee. Wir ziehen weiter Richtung „Kalte Herberge“.
Ein bekanntes Gasthaus das mit „warmen Speisen“ wirbt. Beim Gasthaus steigt es noch mal knackig an in Richtung Thurner. Unbeschreiblich schön diese Hochtäler, man kommt aus dem Wald und sieht schneebedeckte Wiesen mit einzelnen typischen Schwarzwaldhöfen. Aus den Kaminen steigt der Rauch von Holzfeuerungen auf. Eine spannende Ruhe.
Dann die Abfahrten, sie sind für uns Flachländer teilweise ganz schön happig.
Unten angekommen sagte Thomas dann immer: „ist ja nochmal gutgegangen“ (und er hat das oft gesagt!).
Gegen 18 Uhr sind wir im Gasthaus Thurner angekommen. Wegen meiner fast eingefrorenen Kinnlade konnte ich kaum nach freien Zimmern fragen. Zu unserem Glück gab es genau vier Schlafplätze. Nach Bezug der Zimmer wollten wir im Gastraum noch schnell etwas trinken und dann duschen, aber die wohlige Wärme ließ uns darauf verzichten unsere Körper mit Seife zu malträtieren.
Der Rückweg am nächsten Tag war tatsächlich wie eine neue Strecke. Ein Horror war die Abfahrt hinunter zur „Kalten Herberge“. Dort hat Sabine gefragt, ob wir denn tatsächlich diesen Buckel am Tag zuvor hochgegangen sind. In der Umgebung Neukirch/Bregenbach mussten wir ab und zu die Skier abschnallen, denn der Schnee war an den Südseiten teilweise nicht mehr ausreichend vorhanden. Wieder kehrten wir im bewährten Brendhaus ein. Danach versuchte Wilfried uns unter allen Umständen bis in die Nacht auf der Piste zu halten. Paralelen zum Radfahren waren unverkennbar. Über allerlei Umwege (Wilhelmshöhe) kamen wir gegen 18 Uhr in Schonach am Skistadion an.

2. Projekt (5.+6. März 2005)

Herbert, Jörg W. und Wilfried starteten, diesmal wesentlich besser vorbereitet, gegen 9 Uhr in Hinterzarten auf 880m. Die Bedingungen waren sehr gut, reichlich Schnee, gut gespurt und Minus 8°C. Immer wieder leichter Schneefall, so liefen wir begeistert Richtung Feldberg.
Am Rufenholzplatz (bei uns intern Bushaltestelle genannt) genehmigten wir uns einen kleinen Abstecher zum Feldsee – einem Gletschergrund aus der Eiszeit des Feldberges – es hat sich gelohnt. Die Lage des Sees verbreitet eine unglaubliche Stimmung.
Je weiter wir Richtung Feldberg kamen, desto stärker wurden Nebel, Wind und Schneefall.
An der Waldgrenze in Richtung Grüblesattel haben wir uns total verlaufen. Die Spur war verweht und der Nebel nahm uns jede Sicht. Wir liefen fast eine Stunde im Kreis, dabei habe ich mir eine Fingerspitze abgefroren. Einmal klingelte das Handy von Wilfried, Schwager Jörg fragte von der Todnauer Hütte aus wo wir denn seien? Außer: „im Nebel“ konnten wir dazu nichts sagen. Nachdem wir die Stangen einer Wegemarkierung entdeckten, folgten wir dieser Spur. Unsere Vermutung war richtig, der Weg führte uns zur Feldbergspitze auf 1493m.
Nun ist uns klar was es heißt: im Nebel umherirren.
Die steile Abfahrt im tiefen Schnee zur Wilhelmer Hütte war ein besonderer Kick. Aber irgendwann sind wir in der Todnauer Hütte angekommen. Recht flott – Wilfried hatte schlieslich gegen Schwager Jörg ein Rennen auszutragen – ging es nach dem Mittagessen zum Notschrei und auf die Schauinslandspur. Ab der Wegekreuzung Wasserbütten (zwischen Trubelsmattkopf und Knöpfle) beginnt er wieder, der „wilde“ Fernskiweg mit der ganzen Schönheit des Schwarzwaldes. Es war eine schöne Abfahrt hinunter zum Wiedener Eck. Die Gaststätte dort kam wie gerufen. Jetzt noch die 250 Höhenmeter zu den Hochtann Loipen hochsteigen und dann hinunter zum Ziel Untermulden. Wurde auch Zeit, denn die Sonne war längst untergegangen. Vor der Einkehr ins Gasthaus muss man sich noch unbedingt ins Zielbuch eintragen.
In der Nacht nochmal 20cm Neuschnee. Aber gegen 9 Uhr war die Loipe bis Hochtann schon wieder erstklassig gespurt. Wegen des Neuschnees gab es nach dem Wiedener Eck keine Loipenspuren mehr. Wir mussten uns durch den Neuschnee kämpfen, immer in der Hoffnung, daß wir die Schauinslandspur nicht verpassen. Irgendwann waren wir dann auch wieder am Notschrei. Auf dem Weg zum Stuibenwasenhaus gingen mir fast die Kohlenhydrate aus. So gierig auf Nahrung war ich schon lange nicht mehr. Während der Pause hat der Schneefall nachgelassen und wir hatten einen schönen Aufstieg über den Stübenwasen. Dem Aufstieg zur Wilhelmer Hütte – der Schnee reichte am Hauseingang bis zur Dachrinne – folgte die Abfahrt im tiefen Pulverschnee zur Zastlerhütte und der Aufstieg zum Rinkengasthof. Eine Einkehr ist dort obligatorisch, der Wirt ist ein echter Wirt.
Die Abfahrt nach Hinterzarten geht am Schluss über eine Skipiste. Mit Langlaufskiern ist das eine Höllenritt, außerdem wurde es dunkel und kalt. Am Ziel in Hinterzarten wird von der Gemeinde ein Haus bereitgehalten in dem man sich waschen und umziehen kann, sehr angenehm.
Auch einen Informationsstand über den 100km Fernskiwanderweg gibt es dort. Jörg Thoma aus Hinterzarten – Olympiasieger 1960 in der Nordischen Kombination – hält immer noch den Rekord in unglaublichen 5Std 51min. Bei uns dauerte das 20Std in zwei Tagen. Wir werden uns damit trösten, daß wir ein viel längeres Vergnügen hatten.
Unser Skimaterial: 1x Wachsskie, 2x abgeschliffene Schuppenskier mir aufgeklebten Steigbändern der Firma START. Das funktioniert sehr gut. Hobbyläufer können sich das Wachstheater damit ersparen. Ein Tausch der Skier untereinander ergab keinen nennenswerten Unterschied.
Unsere Kleidung: Alles, außer den Schuhen, aus dem Mountainbikebereich ist geeignet. Als Rucksack ein Daypack mit 25Litern.